Keiner von uns ist nur aus Stärken gebaut. Und jeden haut es mal mehr und mal weniger darnieder.
Geht es Dir dann auch so, dass Du es Dir unglaublich schwierig vorstellst jemanden zu trösten?
Mir ging es so, bis zu einem ganz bestimmten Tag.
Ich hielt mich immer für eine mittelmäßige bis schlechte Trösterin.
In so herzerwärmenden Filmen sieht man immer wieder diese eine Szene, in der einer den anderen beiseite nimmt, etwas unglaublich Weises und Kluges sagt und alles ist wieder gut.
Doch mir fehlten in traurigen Momenten oft die Worte und ich fühlte mich richtig mies dabei.
Trotzdem hörte ich oft ein Dankeschön für meinen „Trost“ und dachte dann:
Aber ich hab doch gar nichts Besonderes gemacht!
Bis ich selbst einmal todtraurig war – da begriff ich.
Vor einigen Jahren hat sich jemand furchtbar verletzend mir gegenüber verhalten.
Das ist wohl jedem schon passiert – nur: Diese Person war nicht „irgendjemand“, sondern jemand, der mir einmal viel bedeutet hat. Kannst Du Dir vorstellen, wie enttäuscht ich war?
Ich war soooo enttäuscht und auch wütend!
Ich konnte mich nicht wieder einkriegen und weinte mich bei meiner Schwester aus.
Und sie? Sie sagte nichts – also nicht viel.
Gut, sie hat sich kurz mit mir zusammen über besagte Person aufgeregt, aber sonst? Sie war einfach da!
Sie hörte mir zu und gab mir das Gefühl, dass sie meine Enttäuschung verstehen kann.
Ganz ohne große Worte.
Meine kleine Schwester ist zudem mit einem köstlichen Humor gesegnet. Kurze Zeit später brachte sie mich schon wieder zum Lachen.
Das hab ich gelernt an dem Tag: Zuhören steht an erster Stelle!
Man muss keine großen und klugen Reden schwingen können. Meistens reicht es, wenn Du einfach da bist und zuhörst.
Still sein, hinhören, vielleicht in den Arm nehmen oder eine Hand reichen. Eine mitfühlende Verbindung hilft viel mehr als Worte.
Wir alle brauchen jemanden, dem wir wichtig sind.
Der sich für unsere Erfolge, aber auch für unsere tiefsten Enttäuschungen interessiert.
Und daher sei Dir sicher:
Wenn das nächste Mal jemand vor Dir steht der traurig ist, ist es bereits ein großer Trost, wenn Du einfach da bist und zuhörst. Allein damit machst Du schon alles richtig!
Aber was ist, wenn Du spürst, dass jemand in einer echten Krise oder vielleicht schon depressiven Phase steckt?
Hier einige Vorschläge, was Du tun kannst:
#1 Sagen oder zeigen, dass es ok ist
Es klingt vielleicht banal, aber viele sind unsicher, ob es ok ist, Sorgen zu erzählen oder zu weinen. Dann besteht leicht die Gefahr, dass sie alles in sich hineinfressen und mit sich selbst ausmachen.
So nach dem Motto: Ich kann und will damit niemanden belästigen.
Das macht es dann für die betreffende Person schlimmer, denn aufgestaute Gefühle verschwinden nicht so einfach.
Wenn Du also spürst, dass es jemandem nicht gut geht, dann kannst Du sagen:
„Wir können reden, wenn Du magst!“
Signalisiere aber auch, dass es ok ist, wenn der andere nicht darüber sprechen mag oder kann. Nachbohren wäre eine unnötige Quälerei und beide fühlen sich schlecht damit.
„Es ist ok!“ kann sehr heilsam sein. Dass es ok ist, dass man weint, dass man gerade keine Erwartungen erfüllen oder vielleicht grad keine Umarmung annehmen kann.
Verständnis ist doch das, was wir uns am meisten wünschen – immer!
#2 Kleine Überraschungen
Als Ablenkung oder zum Aufmuntern. Eine süße Postkarte schicken, einen netten Zettel auf den Schreibtisch legen, ein kleiner Ausflug (kann aber unter Umständen auch zu viel sein).
Überlege Dir kleine liebevolle Gesten – aber wäge gut ab, was passt und hege lieber keine Erwartungen an große Dankbarkeit oder Reaktionen, denn das setzt die Traurigen unter zusätzlichen Druck.
#3 Praktische Hilfe anbieten
Ist jemand schon tief oder lange in einer Krise, kann praktische Hilfe eine enorme Entlastung sein.
Zum Beispiel Aufgaben abnehmen: übernimm die Flurwoche, Einkäufe, Terminvereinbarungen, mal das Bad putzen, die Tiere versorgen oder das Kind für einen Nachmittag.
Ein wichtiger Punkt ist zudem das Essen. Wer in einer Krise ist, hat kaum die Energie und Kraft sich etwas Gesundes zu Essen zu machen.
Koche etwas oder mach einen Salat – auch der Lieblingskuchen kann kleine Wunder vollbringen! Frag, was Du tun kannst.
#4 Sei da!
Oft hilft es schon, wenn jemand da oder in der Nähe ist. Viele sind auch gerne eine Weile allein und denken nach. Trotzdem ist Einsamkeit oft ein großes Problem in einer Krise. Und auch die Angst, dass sich Freunde abwenden könnten – was leider durchaus häufig passiert.
Die Betreffenden igeln sich leicht ein und gehen kaum raus, weil sie sich überall unpassend fühlen.
Wenn Dir die Worte fehlen, ist es keine Schande das einzugestehen und es auch zu sagen:
„Ich weiß nicht was ich tun oder sagen soll, aber ich bin für Dich da!“
Und das ist der wichtigste und heilsamste Teil: „Ich bin für Dich da!“ – diese Gewissheit, dass da jemand ist, dem ich mich anvertrauen kann, dem ich wichtig bin.
#5 Sei nachsichtig!
Nimm nicht alles zu persönlich!
Wenn jemand in einer Krise steckt, ist meist nicht viel Raum und Energie da für Dankbarkeit und umsichtiges Handeln.
Derjenige kann und wird vielleicht Dinge sagen, die er sonst so nicht sagen würde.
Wenn ihr euch gut kennt, wirst Du das erkennen. Du wirst gebraucht, auch wenn es nicht immer den Anschein haben wird. Finde das passende Maß von Vormarsch und Rückzug.
#6 Besser nichts sagen, als mit Floskeln kommen
Für jeden, der in einer Krise steckt, gibt es einige NoGos die ihm alle Nackenhaare sträuben lassen. Sie sind aber leider schwer auszurotten und können einem leicht rausrutschen. Dazu gehören:
- „Das wird schon wieder!“
- „XY hat das doch auch schon durch und der …“
- Und ganz schlimm: „Komm, nun reiß dich zusammen!“
- „Kopf hoch!“
- „Du musst einfach nur …“ (das Wort „einfach“ geht gar nicht! – Nichts ist gerade einfach für jemanden in einer Krise!)
- „Ach komm, anderen geht´s noch viel schlechter als Dir!“
- „Sei nicht traurig, Du hast doch schließlich … (tolle Wohnung, super Job, eine gute Gesundheit …)“
- „Ey, das hätte auch noch schlimmer kommen können!“
Das meiste ist ja gut gemeint (bis auf „Reiß dich zusammen“ – das ist fies!), aber es hilft nicht weiter und banalisiert die Probleme des anderen – er wird sich noch schlechter fühlen!
Merke: Banalisiere niiiiemals die Sorgen des anderen!
#7 Unerbetene Ratschläge sind tatsächlich Schläge
Wenn jemand Dich fragt:
Hast Du eine Idee was ich jetzt machen soll? Hattest Du das auch schon mal? Wie sind Deine Erfahrungen damit? Wie schätzt Du das Ganze von außen gesehen ein? Dann hilf weiter und gib Tipps, wenn Du kannst.
Oder frag von Dir aus, ob es ok ist, wenn Du eine Einschätzung abgibst.
Aber wenn Feedback oder Tipps nicht gewünscht sind, dann lass sämtliche Belehrungen sein!
Die werden nicht ankommen und nicht angenommen werden! Sicher hast Du das auch schon einmal erlebt, oder selbst als nervend empfunden.
Unerbetene Ratschläge funktionieren schon deshalb nicht, weil jeder Mensch und jede Krise anders sind. So genau kann man die Situation und die Gefühle von außen also nicht nachempfinden. Nur der Betroffene selbst kann sagen, was er gerade braucht und was nicht.
Was hingegen jeder brauchen kann, der traurig ist: Dass er sich gesehen und gehört fühlt und dass sein Kummer ernst genommen wird.
#8 Hab Verständnis
Du warst vielleicht selbst schon mal in einer Krise, trotzdem hat man (zum Glück) oft nicht mehr so richtig auf dem Schirm, wie sich das anfühlte. Zudem sind da auch jeder Mensch und jede Krise anders.
Worauf ich hinaus will:
Für den, der traurig ist (vor allem auch wenn es Richtung Depression geht) sind oftmals viele Dinge schwierig bis unmöglich. Dinge, die für Dich vielleicht schwer nachvollziehbar sind.
Das können extreme Entscheidungs-Schwierigkeiten sein (Was will ich essen? Was soll ich anziehen?). Das Einkaufen, sich vom Sofa wegbewegen oder eine Runde um den Block laufen, sind dann nicht machbar.
Manchmal geht einfach nichts mehr.
Es ist ja nicht so, dass der andere nicht will – er kann dann einfach nicht. Vergiss Deine Überredungskünste. Gib dem Betroffenen nicht das Gefühl, dass er komisch ist – er fühlt sich eh schon furchtbar!
Tröste so viel Du kannst!
Dass wir Menschen zur Seite stehen, die uns wichtig sind, ist völlig klar.
Manchmal ergibt sich aber auch die Gelegenheit für Menschen da zu sein, die Du nicht besonders gut kennst und die vielleicht nicht mit Deiner Hilfe oder Deinem Zuspruch gerechnet hätten – ein Nachbar oder eine Kollegin vielleicht.
Da hast Du die Wahl: Gehst Du weiter oder bleibst Du stehen und fragst was los ist?
Mein Universum funktioniert so, dass alles, was wir geben und aussenden zu uns zurückkehrt.
Daher sollten wir geben, soviel wir können.
Vor allem in dem kleinen Kosmos, der uns täglich umgibt, sollten wir aufeinander schauen und achtgeben.
Irgendwann brauchst Du Trost und dann wird auch jemand für Dich da sein.
Wir erleben und vergessen so vieles, aber wir erinnern uns immer, wer für uns in einer schwierigen Zeit da war.
Ein wichtiger Punkt noch:
Achte auch auf Dich selbst.
Damit meine ich, dass Du auch Deinen eigenen Energiehaushalt im Blick hast und Dich beim Trösten nicht völlig erschöpfst. Das passiert vor allem dann leicht, wenn man sich extrem verantwortlich fühlt und den anderen mit aller Macht „retten“ möchte. Du kannst anderen beistehen, aber den Schmerz kannst Du ihnen nicht nehmen – so schwer das manchmal auch zu akzeptieren ist.
Halte den Kontakt, aber kümmere Dich auch um Dich. Damit beweist Du einen verantwortungsvollen, gesunden Umgang mit beiden Seiten – dass man sich auf Dich verlassen kann und dass Du ebenso auch für Dich sorgst.
Und was ich noch sagen möchte:
Hey! Du hast diesen Text bis zum Ende gelesen!
Es ist ein völlig uneigennütziger Text, er dient nur dazu anderen zu helfen – und DU hast ihn gelesen, weil andere Dir wichtig sind!
… dafür feiert Dich und verabschiedet sich mit anerkennendem Ghettofaustgruß
Moni
Du kennst jemand, der – so wie Du – gerne andere unterstützt und tröstet? Dann teile gerne diesen Text.